Mehrjähriger Umgangsausschluss für Vater nach häuslicher Gewalt und Tötung der Mutter ("Femizid")
Das Oberlandesgericht Köln hat einem Vater nach Tötung der Mutter für weitere dreieinhalb Jahren jeglichen Kontakt zu seinen drei leiblichen Kindern verboten. Der Mann hatte seine Ehefrau im Mai 2023 getötet, nachdem sie sich infolge wiederholter häuslicher Gewalt von ihm getrennt hatte. Für die Tat nutzte der Vater ein Treffen zur Übergabe eines Kindes. Die drei Kinder zwischen vier und acht Jahren, die bei der Tötung ihrer Mutter nicht anwesend waren, leben seit der Tat in einer Pflegefamilie. Der Vater befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
Das Amtsgericht (Familiengericht) hat im August 2024 den Umgang des Vaters mit den Kindern für ein Jahr ausgeschlossen. Seine Beschwerde führte nun zu einer erheblichen Verlängerung dieses Kontaktverbots. Der zuständige Familiensenat des Oberlandesgerichts Köln ist nach Anhörung der Kinder und ihrer Verfahrensbeiständin sowie nach Erörterung der Sache mit dem Vater überzeugt, dass ein Kontakt in der Justizvollzugsanstalt, wie vom Vater beantragt, das Kindeswohl erheblich gefährden würde. Zwar kann sich der Vater auf ein Umgangsrecht mit den Kindern berufen, welches einfachgesetzlich geregelt (§ 1684 Abs. 1 BGB) und auch grundrechtlich verbürgt ist (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Der mehrjährige Umgangsausschluss ist aber erforderlich, um bei den Kindern eine greifbar drohende Störung der Traumaverarbeitung zu verhindern. Ein Kontakt könnte ihr beeinträchtigtes Sicherheitsempfinden nachhaltig erschüttern. Die Kinder äußerten in ihren Anhörungen stabil und intensiv den Wunsch, Abstand vom Vater zu halten. Die Einlassung des Vaters, wonach die Kinder die von ihm verübte häusliche Gewalt nicht erlebt hätten, ist durch die Schilderungen der Kinder sowie durch vielfältige Berichte von Lehrern, Mitarbeitern des Frauenhauses, des Jugendamtes sowie der Verfahrensbeiständin widerlegt.
Die Entscheidung verweist insbesondere auf Art. 31 Abs. 1 der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom 11.05.2011). Danach setzt ein Umgang des gewalttätigen Elternteils mit seinen Kindern voraus, dass es diesen die emotionale Sicherheit vermittle, die durch die miterlebte Gewalt verloren gegangen sei. Dies ist nicht anzunehmen, wenn das Elternteil - wie hier der Vater - die Gewalt abstreitet oder bagatellisiert. Der Vater bereut zwar die Tötung der Mutter, sieht aber weder die Folgen der häuslichen Gewalt für die Kinder ein, noch zeigt er Verständnis für deren Situation.
Der mehrjährige Umgangsausschluss gegenüber Kontaktwünschen des Vaters ist erforderlich, um den Kindern eine Stabilisierung und Verarbeitung des Erlebten ohne erneute gerichtliche Befragungen zu ermöglichen.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts ist rechtskräftig. Er wird in Kürze in die kostenlose Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen NRWE (www.nrwe.de) eingestellt.
Aktenzeichen:
Amtsgericht Aachen, Beschluss vom 22.08.2024 - 228 F 104/24
OLG Köln, Beschluss vom 13.3.2025 - 10 UF 92/24
Philipp Prietze
Dezernent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit