Verurteilung von Klimaaktivisten wegen Festklebens in Köln im November 2022 rechtskräftig
Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2024 die Revisionen der fünf Angeklagten gegen ein Urteil des Amtsgerichts Köln im Wesentlichen verworfen. Mit der angefochtenen Entscheidung hatte das Amtsgericht am 9. Januar 2024 die zwei Männer und drei Frauen im Alter zwischen 33 und 55 Jahren wegen Nötigung zu Geldstrafen in Höhe von jeweils 30 Tagessätzen zwischen je 15 und 60 Euro verurteilt; hinsichtlich eines Angeklagten hat es unter Einbeziehung einer anderen Verurteilung eine Gesamtgeldstrafe gebildet. Der Senat hat hinsichtlich einer 43-jährigen Angeklagten die Höhe des Tagessatzes geringfügig herabgesetzt. Im Übrigen hat es die Revisionen der Angeklagten verworfen. Das Urteil des Amtsgerichts ist damit rechtkräftig.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts blockierten die fünf Angeklagten am 24. November 2022 ab 08:09 Uhr die Innere Kanalstraße in Höhe „Am Gleisdreieck“, indem sie sich mit zwei weiteren Personen auf die Fahrbahn setzten. Vier Angeklagte klebten jeweils eine Hand mittels Sekundenklebers auf der Fahrbahn fest. Die Angeklagten wollten als Aktivisten der „Letzten Generation“ damit gegen die Klimapolitik der Bundesregierung protestieren. Der Verkehr auf der hochfrequentierten innerstädtischen Straße kam vollständig zum Erliegen, und es bildete sich ein mehrere hundert Meter langer Rückstau, durch den die Pkw-Fahrer an der Weiterfahrt gehindert wurden. Die Hände der vier Angeklagten wurden durch Polizeibeamte und weitere Personen mittels Lösemittel von der Fahrbahn abgelöst, und die Angeklagten wurden weggetragen. Um 09:11 Uhr wurde die Straße wieder für den Verkehr freigegeben.
Das Amtsgericht hat die Handlungen rechtlich als Nötigung gemäß § 240 Abs. 1, Abs. 2 StGB gewertet. Die Angeklagten hätten durch die von ihnen eingeräumten Handlungen Gewalt ausgeübt. Sie hätten jedenfalls auf die in zweiter Reihe nachfolgenden Fahrzeuge physisch eingewirkt, weil diese ihre Fahrt aufgrund der vor ihnen haltenden Fahrzeuge nicht hätten fortsetzten können. Das Handeln der Angeklagten sei auch rechtswidrig und schuldhaft gewesen. Ihnen hätten zur Erreichung ihres Ziels mildere Mittel zur Verfügung gestanden, insbesondere die Wahrnehmung ihrer Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, sowie die Möglichkeit, durch Gespräche oder andere Kommunikationsmittel auf Mitglieder der Regierung oder der gesetzgebenden Körperschaften einzuwirken. Ein Irrtum über die Grenzen des Notstandsrecht sei vermeidbar gewesen, nachdem im August 2022 über die Verurteilung anderer Klimaaktivisten berichtet worden sei. Auf „zivilen Ungehorsam“ könnten die Angeklagten sich wegen der Beeinträchtigung von Rechten Dritter nicht berufen. Ihre Handlungen seien auch verwerflich, weil sie mit den Grundsätzen eines geordneten Zusammenlebens nicht mehr vereinbar seien. Im Rahmen der ungefähr einstündigen Aktion sei zwar nach knapp 20 Minuten eine Rettungsgasse gebildet worden. Die Angeklagten hätten jedoch ohne Anmeldung einer Demonstration den Berufsverkehr an einem Werktag auf einer Straße mit hohem Verkehrsaufkommen und ohne Ausweichmöglichkeiten vollständig zum Erliegen gebracht. Ein Sachbezug zwischen ihrem Protest gegen die Klimapolitik der Bundesregierung und den beeinträchtigten Verkehrsteilnehmern in Köln bestehe nicht.
Die Angeklagten haben sich gegen ihre Verurteilungen mit Sprungrevisionen zum Oberlandesgericht gewandt (§ 335 Abs. 1 StPO). Sie haben unvollständige Feststellungen zur Auflösung der Versammlung durch die Polizei gerügt und sich gegen die rechtliche Bewertung als vollendete Nötigung gewandt.
Die Überprüfung des Urteils auf die Revision der Angeklagten hat keine Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben. Das Oberlandesgericht hat die Revisionen auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Köln durch einstimmigen Beschluss als offensichtlich unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Höhe des Tagessatzes der 43-jährigen Angeklagten ist unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen herabgesetzt worden.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln enthält keine weitergehende Begründung. Eine Veröffentlichung ist daher nicht beabsichtigt.
Aktenzeichen:
OLG Köln, Beschluss vom 29. Oktober 2024, III-1 ORs 147-151/24
Amtsgericht Köln, Urteil vom 9. Januar 2024 - 523 Ds 157/23
Angewendete Vorschriften:
Strafgesetzbuch
§ 240 Nötigung
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
[…]
Strafprozessordnung
§ 335 Sprungrevision
Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden.
(2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.
[…]
§ 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) 1Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. 2Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
[…]
Philipp Prietze
Dezernent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit